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Der Bazillenstreuer Wolle Huber (1966)

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Kapitel 2

Als 18 jähriger Automobil Liebhaber mit eigenem neuen Auto, einem Fiat 500, 18 PS, hellblau und zu Hippies Zeiten blumendekoriert, und der Möglichkeit am Wochenende auch manchmal Vaters Auto Alfa Romeo Sport fahren zu dürfen, war ich überglücklich und zufrieden und träumte von Porsche, Mini Cooper und Alfa Romeo und anderen europäischen Sportwagen. So passierte es das eines Tages so im April 1966 bei niesligem, kalten Aprilwetter, meine Aufgabe darin bestand den Garten umzugraben.

Während dieser Schweiß treibenden Arbeit trug ich eine kurze Lederhose und bemerkte ein seltsames, mir unbekanntes Geräusch. Was war das? Röhrendes Motorengebrabbel. Ein Auto mit defektem Auspuff ?

Ich stieß den Spaten in die Erde und ging mal um die Hausecke um nachzusehen. Da stand ein Zweirad mit Motor und darauf, mit dickem Pullover und Sonnenbrille, ein junger Kerl. Nachdem er die Sonnenbrille abgenommen hatte kam Wolfgang Huber, ein “alter “ Schulfreund, den ich drei Jahre nicht mehr gesehen hatte, zum Vorschein und schwärmte sofort nach der knappen Begrüßung von seinem super toffen Motorrad Honda C72 und kriegte sich vor lauter Begeisterung gar nicht mehr ein. Ente setz Dich mal auf den Sozius und dann machen wir eine Probefahrt. Danach kaufst Du dir auch eine Maschine und wir machen wie damals mit den Fahrrädern große Touren.

Sehr skeptisch setzte ich mich auf den Beifahrersitz und Wolfgang fuhr sofort los. Da es meine erste Fahrt auf einem motorrisiertem Zweirad war, machte ich falsch was man nur falsch machen konnte. Vor lauter Angst und Verzweiflung hätte ich mir beinahe in die Hose gemacht Nach einer kurzen Stadtrunde war die Fahrt wieder zu Ende und Wolle konnte gar nicht verstehen was mit mir los war. Die Sache Motorrad war also abgehakt!?

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Am Tag darauf Sonnenschein bestes Wetter und genug Zeit den Rest des Gartens umzugraben. Da schon wieder das seltsame Motorengeräusch. Wolfgang kommt um die Ecke und entschuldigt sich für Gestern. Er wüsste aber ganz genau das ich der Richtige bin und ich sollte doch unbedingt eine Probefahrt machen, denn selber fahren wäre etwas ganz anderes. Nach dem Horror vom Vortag wollte ich natürlich unter keinen Umständen nochmals auf ein solches Mordinstrument steigen und verweigerte mit Hunderten von Argumenten meine Bereitschaft Ich hab gar keinen Führerschein für Motorräder, auf son’em Teil wirste ja Nass-, das ist viel zu gefährlich, mein Auto ist viel schöner , ich kann so ein Gerät gar nicht bedienen - Ich will so ein MONSTRUM nicht! aber Wolfgang lies nicht locker und verwickelte mich bis zu drei Stunden immer wieder in Diskussionen nur mit dem einen Zweck Ente soll eine Probefahrt machen. Er ging mir dabei so auf den Keks und die Bemerkung “na ja, wenn Du so viel Angst hast”, gab den Rest und ich willigte ein. Wolfgang musste mir das komplette Motorrad erklären, denn ich war in meinem Leben weder Mofa noch Kleinkraftrad noch etwas ähnliches gefahren.Ich kannte keinen Kupplungshebel , Fußschalthebel oder Gasdrehgriff. Nach kurzen Erklärungen wie ,der Gasgriff ist genauso zu behandeln wie das Gaspedal im Auto, und die Kupplung musst du genau so gefühlvoll einsetzen.

Ich fuhr dann von unserem Hof die 30 Meter bis zur Hauptstrasse, dann kurz auf den Verkehr geachtet und rechts rum, gekuppelt, geschaltet, Gas auf, wieder geschaltet und die ganze Angelegenheit klappte vom ersten Meter an. In den Kurven nichts vom zur falschen Seite raus legen , sondern sofort astreine Schräglage, Der BAZILLUS war sofort und in ungeahntem Ausmaß da. Die kleine Stadtrunde war ungefähr 3 Kilometer lang und mein erstes breites Grinsen erschien schon nach ca. 400 Metern. Bei der ersten Vorbeifahrt an Freund Wolfgang verzog ich mein Gesicht extra böse um Ihm zu signalisieren wie blöd doch so ein Motorrad ist. Beim zweiten Mal konnte ich nicht mehr schauspielern und strahlte über alle 4 Backen und winkte mit erhobener Kupplungshand Wolle zu ,der jetzt auch strahlte. Die nächste Runde. Alles ging wie im Traum. Gas. Bremsen. Kuppeln. Schräglage. Beschleunigen. Der Motorradrausch war sofort da. Nach der 5.Runde wurde Wolle leicht unruhig und rief mir zu ich solle anhalten. Es wäre jetzt genug. Nach der 7 Runde wurde er langsam ärgerlich, aber ich fuhr weiter und weiter und noch ne Runde. In Runde 12 dachte ich mir ich fahr ein bisschen wo anders lang damit der Wolfgang sich nicht so aufregt und schon gings links ab Richtung Adersheim. Von dort aus nach Salgitter Lebenstedt und wieder zurück. Die Augen zusammen gedrückt und mit Vollgas so um die 110 km/h, näherte ich mich Adersheim und plötzlich mit einer Fehlzündung und kurzem Stottern starb die Honda ab und rollte aus. Da ich sonst keinerlei Erfahrung mit Motorradtechnik hatte und ich noch nicht mal wusste, dass es einen Benzinhahn mit Reservestellung gab schob ich frohgelaunt die letzten 7 Kilometer, das Honda’chen nach Hause. Dort erwartete mich ein völlig verzweifelter Wolfgang der mit dem Allerschlimmsten gerechnet hatte. Für mich war aber seit der Fahrt klar, dass sich mein Leben dramatisch verändert hatte.

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Mein eigenes Vierrad wurde von mir nicht mehr bewegt. Ich löcherte meine Eltern täglich mir die Genehmigung für die Motorradfahrstunden und die Führerscheinprüfung zu unterschreiben. (Wir waren damals erst mit 21. volljährig) Ich bekam ein Angebot meiner Eltern. Sie wollten mir einen niegel nagel neuen BMW 2002 TI schenken, wenn ich auf den Klasse 1 verzichten würde.

Es half alles nichts. Eine Woche nach der Probefahrt war ich Mitglied im Adlerclub Braunschweig, ,hatte die 4 bis 5 käuflichen Motorradbücher im Regal, war am Wochenende mit dem Fahrrad als Besucher bei Moto Cross Veranstaltungen und hatte 2 Wochen später eine BMW R25/3 mit Seitenwagen für 100DM mit 2 Jahren TÜV. Diese musste ich aber erst mal vor den Augen meiner Eltern verstecken. Ein guter Freund erlaubte mir das Gespann in seiner Gärtnerei in einen Schuppen zwischen zu parken.

Nach einem halben Jahr hatte ich meine ”armen Eltern“ weich gekocht und ich durfte endlich den Klasse 1 machen. Übrigens der Wolfgang war ein halbes Jahr später dann Besitzer eines gebrauchten Porsches und wollte von so gefährlichen Zweirädern nichts mehr wissen.

Nochmals vielen vielen Dank für Deine Anstrengungen lieber Wolle, mich auf ein Krad zu bekommen!
In ewiger Dankbarkeit, Dein Freund Ente









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